Die Hauptstraße und die Stadt
Die Hauptstraße dürfte jeder in Starnberg bereits befahren oder ihre Fußgängerwege beschritten haben. Denn sie ist zweifelsohne auch heute noch eine wichtige, verbindungsreiche Straße in unserer Stadt. Ebenso war sie dies in der Zeit des Nationalsozialismus. Berthold Spangenberg, dessen Augenzeugenberichte im zehnten Band der Starnberger Stadtgeschichte vermerkt sind, liefert einige Angaben zu ihrer Historie.
Das Kriegsende trat in Starnberg am 30. April 1945 ein, nachdem die SS sich in der Nacht davor zurückgezogen hatte. Die Bewohner und Bewohnerinnen bangten in kollektiver Anspannung. Um drei Uhr nachmittags fuhren über die Hauptstraße - die während des Naziregimes „Adolf-Hitler-Straße" hieß - letztendlich die Jeeps der einmarschierenden US-Soldaten in die Ortsmitte. Die Starnberger und Starnbergerinnen hatten sich - die Amerikaner bereits erwartend - auf dem Tutzinger-Hof-Platz versammelt. Die Fenster waren mit weißen Betttüchern bestückt, eine Geste der kampflosen Kapitulation, und alle standen in respektvoller Distanz zu den Soldaten.
Aus der verunsicherten Menge traten zwei einheimische Männer, Berthold Spangenberg und Professor Goldaté, hervor, die erklärte Gegner des nationalsozialistischen Regimes waren, und kommunizierten auf Englisch mit dem obersten Offizier der angekommenen US-Soldaten. Beide Männer sollten auch in Zukunft ihren Teil zur Stadtverwaltung Starnbergs beitragen. Einer der US-Soldaten schlug schließlich das Straßenschild „Adolf-Hitler-Straße“, welches an einer Bäckerei stand, mit einem Spaten ab, sodass die Straße, die uns als Weilheimer- bzw. Hauptstraße bekannt ist, bald ihren ursprünglichen Namen zurückerhalten sollte.
Das Einmarschieren der US-Soldaten verlief also friedlich - ohne Kampf, ohne Zerstörung - im Gegensatz zu anderen Orten, wie beispielsweise dem damals noch selbstständigen Percha, in dem die Würmbrücke direkt vor dem Einmarsch der Amerikaner noch von Pionieren der Waffen-SS gesprengt wurde.
Trotz des städtischen Friedens waren die Zeiten der amerikanischen Besetzung hart für Starnberg. Strenge Regelungen für das Ausgehen, das Versammeln, für das Verlassen der Stadt und rationierte Nahrungsmittel sollten die Starnberger noch über Wochen und Monate nach Kriegsende begleiten.
Somit ist der „neue alte“ Straßenname nicht nur eine Formalität der Entnazifizierung, sondern ein bedeutungsschwerer Schritt in Richtung Normalität, der uns aber bis heute als Mahnmal erhalten bleibt.
Quellen:
Kulturverlag Stadt Starnberg | Starnberg
Starnberger Stadtgeschichte, Band 10
5-Seen-Wochenanzeiger.de